Endstation Grafing

Ein Oktoberabend auf dem Lande. Meine Mutter hatte geplant, an einem der, wie wir dachten, noch warmen Oktobernachmittage, ihren Keller ausräumen zu lassen. Komplett. Als der Tag aber heranrückte, schneite es (ja, das nennt man global warming - ich nenne es global warning!) Als ich meiner Mutter ankam, saß sie in der Küche unsd schälte Fallobst für Apfelmus. Sie ist fast 87, hat aber die Zügel fest in der Hand. Ihr stehender Spruch ist: "Naa, so derfstas ned macha!". Ich hatte ihr eine selbstgemachte Quiche mitgebracht, aber sie wollte Risotto. Falls das den Eindruck erweckt, sie sei ekelhaft - weit gefehlt. Sie weiß halt, was sie will!
Der Keller ist jetzt leer. Ich spürte einen kurzen Anflug von Wehmut, als der Laster wegfuhr mit unserer Kinderzimmerkommode hinten drauf, rot-weiß lackiert und auf einer Schublade stand Ilse, auf der anderen Luise..Und dann dachte ich, servus, weg mit dem oidn Glump. Als ich spinnwebenbedeckt, hungrig und frierend mit der S-Bahn nachhause fuhr, sah der Bahnhof Grafing so aus.In der S-Bahn trank ich das etwas flüssige Apfelmus.An October evening in the country. My mother had arranged to have her cellar completely cleared out, on what we had expected to be a mild October afternoon. How wrong! It had started snowing at lunchtime - global warning is what I call it. When I arrived, my Mum who is nearly 87, was peeling apples to make apple sauce, such a picture of domestic bliss. But she is anything but feeble and mild, and has a very clear idea of how she wants things done. In short - she is fun to be with. I brought her a piece of my home-made quiche She wanted risotto. I made her risotto. The cellar is empty now, and when I saw the last of my childhood furniture disappear on the back of the lorry, I had a fleeting moment of sadness. But it fleeted away quite quickly, making room for a feeling of relief. When I went to the station, freezing and covered in cobwebs, this is how the station looked. On the train, I drank the apple sauce.

Comments

  1. Ich bin von eurer Mutter immer ganz angetan. Weiß gar nicht genau warum eigentlich.

    Ekelhafte? Schwierig? Schwierig wird es nur im Leben - finde ich - wenn man unflexibel ist. Oder unvernünftig oft an den Dingen festhält/ festhalten will. (so wie ich. Manchmal.)

    Und wer hatte dann die leckere Quiche zum essen oder zum wiedermitnehmen? :O)

    Materiell gesehen bin ich berüchtigt in Abständen ziemlich viel zu entsorgen. Auch cross ungeliebte, hässliche (eher selten) Geburtstagsgeschenke oder ich verschenke Grünpflanzen, die ich nicht habe wollte. Da bin ich nicht wie deine Mutter und sage, was ich denke. Leider.
    Aber ich kann verstehen, daß Dein Herz sich (kurzzeitig) arg bewegte, als der LKW mit den Kindheitsstücken davon fuhr.
    Zum Glück tragen wir unsere Kindheit ja im Herzen.
    Grüße Jutta

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  2. Was ich so über deine und Luisas Mutter lese, muss sie eine beeindruckende Frau sein. Ich beneide euch beide ganz ehrlich um diese Beziehung.

    Nein, Neid ist nicht das richtige Wort. Schließlich habe ich doch auch liebevolle Gefühle für meine Mutter - nur war es nicht leicht, dahin zu kommen.

    Und dass ihr jetzt ausräumt, finde ich sehr vernünftig - auch wenn ich dieses kurze Ziepen am Herzen sehr gut mitfühlen kann, es IST eine Erleichterung.

    Hier unten (28,45 Meter über NN!) hat's leichte Fröste gehabt, die vorletzten zwei Nächte. Das ist für uns auch früh. Aber "Globale Erwärmung" - na ja. Bedenke, wir befinden uns NOCH IMMER am Ende einer Eiszeit. ;)

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